Eines der Kinder verlor einen Wackelzahn. Ich habe vergessen welches, aber ich erinnere mich an meine Worte, die ungefähr so gingen „Prima! Gib ihn mir. Ich packe ihn in die Dose zu den anderen.“ Ich erinnere mich auch noch, dass ich den Zahn vorerst ins Bücherregal legte – und ihn dann vergaß.
„Mama, wo ist eigentlich mein Wackelzahn?“
„Äh. Grad nicht da, aber der taucht schon wieder auf. Kann ja immerhin nicht weglaufen. Ha ha.“
Und dann war er natürlich weg. Bis ich mit dem Handfeger – warum auch immer – unterm Schrank fegte. Da lag er plötzlich und hob sich mit seinem Weiß vom restlichen Inhalt des Kehrblechs ab.
„Ich hab einen Zahn gefunden!“, rief ich also. „Ich packe ihn jetzt besser gleich in das Döschen“, hänge ich demonstrativ noch an. Dann erhob ich mich und verbrachte eine Viertelstunde damit, besagtes Döschen des hoffentlich passenden Kindes zu suchen und fortwährend dabei zu fluchen.
In dieser Dose schlummert der Zahn nun im Kreis seiner Freunde. Da gibt es den Vorderzahn, der vom kleinen Bruder rausgeboxt wurde und den, der – ach, meist erinnere ich mich eigentlich gar nicht. Die Kinder erzählen dann „Mama, weißt du noch, bevor der Zahn rausfiel sagte der das und das und dann passierte auch noch dieses und jenes.“ und manchmal lächele ich dann einfach nur, lausche den Geschichten und wundere mich, wie sie alle nur so groß werden konnten.
Dann halte ich inne und staune kurz. Nur kurz und dann geht der Alltag weiter. Ich streichele den Kindern den Kopf, gebe Küsschen und wir räumen die Teller ab. Also meistens ich alleine.
Früher habe ich mehr Feuerwerk vom Leben erwartet. Laut und bunt soll es Bitteschön sein. Von mir aus auch schrill und grell. Mittlerweile weiß ich, dass es die kleinen Momente sind, die jeden Tag, jede Stunde erlebt werden. Ein schneller Kuss, ein Lächeln. Das Vertragen nach einem Streit. Das Zudecken abends am Bett und eben solche Geschichten von Wackelzähnen. Ohne Spannungsbogen, ohne Pointe. Aber so sehr mittendrin im Leben.