Spiritualität. Es ist schwierig für mich, darüber zu schreiben.
Vielleicht ist es auch einfach. Ich weiß es noch
nicht und merke oft erst beim Schreiben, wie leicht oder
kompliziert sich meine Gedanken und Gefühle in Worte
transportieren lassen.
Ich konnte mit diesem Begriff lange nichts anfangen.
Logik ist gut. Beweise sind gut. Forschung und Wissenschaft
ebenfalls. Rationaler Verstand. Und Statistiken
(also richtig interpretiert) erst!
Es gibt das, was ich sehen, messen oder belegen kann.
Kann ich es nicht, ist das für mich quasi ein Beweis der
Nicht-Existenz gewesen.
Daraus resultierend entstand Leidensdruck.
Ich meine, vielleicht muss ich bald sterben und dann
stand ich da ohne Glauben an irgendwas und dachte mir
„Vielleicht bist du bald tot und dann bist du weg. Du
und all die Liebe, die du zu deinen Kindern hast. Einfach ausgelöscht.“
und ich war so wütend. Ohnmächtig. Verzweifelt.
Traurig. Wirklich grenzenlos traurig.
Ich konnte es nicht ertragen. Suchte in Kirchen. In buddhistischen
Zentren. Las Bücher. Sprach mit Menschen.
Forschte nach irgendwas, was diesen subjektiv sehr stark
empfundenen Leidensdruck zu mindern imstande wäre.
Und belächelte insgeheim die Menschen, die ihre Antworten
in der Spiritualität fanden.
Und dann änderte sich was. Es ist kein einmaliges auslösendes
Ereignis gewesen, sondern ein weiterhin anhaltender
Prozess.
Ich las Bücher, die ich schon mal gelesen hatte und verstand
plötzlich zum ersten Mal den Sinn hinter diesen
Worten. Ich unterhielt mich mit Menschen, die mit mir
ihre Lebensansichten teilten. Und nun verstand ich sie.
Die Wörter sind dieselben geblieben, aber ich nehme sie
plötzlich anders wahr.
Scheinbar habe ich einen Zugang zu dem entdeckt, was
ich einst Spiritualität geschimpft habe.
Und in dem ganzen Chaos, dem inneren und äußeren,
beginne ich hierin so etwas wie Halt zu finden.
„Aber mehr laß mich davon nicht sagen. Es wird immer alles
gleich ein wenig anders, wenn man es ausspricht, ein wenig verfälscht,
ein wenig närrisch – ja, und auch damit bin ich sehr einverstanden,
daß das, was eines Menschen Schatz und Weisheit ist,
dem andern immer wie Narrheit klingt.“
(Hermann Hesse)