Er steht da. Guckt an sich herunter. Gibt mir das Taschentuch,
mit dem er selbst den Joghurt von seinem
Pullover abgewischt hat und strahlt mich an. Irgendwas
in seinem Verhalten ist anders als sonst und ich merke:
der 1Jährige ist stolz auf sich.
Diese Eigenschaft nehme ich zum ersten Mal an ihm
wahr und es berührt mich tief.
Vor einem Jahr konnte er noch nicht laufen und dieser
Meilenstein erschien mir damals noch so weit entfernt.
Mittlerweile hebt sein Charakter sich immer mehr von
dem noch kürzlich so Babyhaften ab; die Konturen werden
klarer.
Und ich darf dabei sein.
Während ich den 1Jährigen ins Bett bringe, experimentiert
meine Tochter mal wieder mit Nagellack. Ich betrete
ihr Zimmer und sehe sie bedröppelt vor ihrem Bett
stehen, den Nagellack an nicht vorgesehenen Stellen und
mit Tränen in den Augen.
Ich nehme sie in den Arm, wir reden über das Dilemma,
stellen fest, dass es eigentlich gar keines ist und schließlich
verebbt die letzte Träne in ihrem Mund, der schon
längst wieder lachen kann.
Als ich zum Gute-Nacht-Sagen beim 4Jährigen die Tür
öffne, stolpere ich über einen Dino, der von ihm turnusmäßig
zum Bewachen seines Zimmers auf der Türschwelle
abgestellt wird und dessen Stacheln sich nun in
meinen Fuß bohren.
Er schläft schon und unter seinen Augenliedern lässt sich
ein dynamischer Traum erahnen. Auf meinen Kuss auf
seine Stirn reagiert er nicht.
Es ist genau das:
Die Kleinigkeiten. Die Momente miteinander. Der Alltag.
Manchmal möchte ich der Ungewissheit zornig „ich
möchte doch aber meine Kinder aufwachsen sehen!“
entgegen schreien und halte dann inne, weil mir bewusst
wird, dass ich doch genau das gerade tue. Jeden Tag wieder.
Und so lange wir alle leben.
Da ist kein Ziel, auf das ich erst hinarbeiten müsste. Das,
was wirklich zählt im Leben, liegt genau vor meinen Füßen.
Und wenn ich nicht hin und wieder triftige Gründe hätte,
es zu verfluchen, so wäre das hier eine Hommage an
das Leben.